Den Nerv treffen mit AdWords und Neuromarketing
Wie verhindern Leute, dass ihr Gehirn explodiert, während sie die Suchergebnisse von Google durchforsten? Und wie erreiche ich währenddessen meine Zielgruppe mit meiner AdWords-Anzeige? Antworten lieferte André Morys von Web Arts in seinem Vortrag zu Neuromarketing und AdWords auf der SMX 2015 in München.
Ein Schläger und ein Ball kosten zusammen 1,10 Euro. Der Schläger ist um 1 Euro teurer. Wieviel kostet der Ball?
„Na logisch! 10 Cent!“ antwortet unser Hirn auf Anhieb. Es will nicht innehalten und rechnen. Das Gehirn will lieber schätzen, glauben und Energie sparen. Zu dieser Erkenntnis gelangte der Wirtschafts-Nobelpreisträger und Psychologe Daniel Kahneman, als er sich fragte „Wie ticken Menschen im Rahmen finanzieller Entscheidungen?“ Tatsächlich kostet der Ball nämlich nur 5 Cent.
Wenn André Morys ein neues Auto kauft, listet er seiner Frau bei vollem Bewusstsein vernünftige, rationale Argumente für die Wahl des Wagens auf. Einen größeren Kofferraum zum Beispiel. Aber das ist nur die Spitze des Eisberges, denn im Halbbewusstsein tummeln sich Sätze wie „Yesss baby, ich will dich!“, und aus dem Unterbewusstsein blubbert nur ein „muauthahaaammmm“.
Erste Erkenntnis also: Unser Hirn ist faul. Zweite Erkenntnis: Das Unterbewusstsein trägt 70 % zur Kaufentscheidung bei und geht dabei sehr intuitiv vor.
Und jetzt schwenken wir um zu Google und tippen das Keyword „kostenloses girokonto“ ein. Vor uns bauen sich die Suchergebnisse auf, und wir sollen entscheiden, welche Anzeige wir anklicken. Manche Leute brauchen gar nicht jede Zeile einzeln zu lesen, ihnen explodiert auch so beinah das Hirn vor lauter Text und Info und nicht entscheiden können. Die meisten von uns aber scannen die Suchergebnisse durch, bleiben an einzelnen Textbausteinen hängen und klicken auf das, was irgendwie einen Nerv trifft.
Wenn wir AdWords-Spezis herausfinden, was dieser Nerv bei unserer Zielgruppe ist, sparen wir uns jede Menge wildes A/B-Testing von Anzeigen und Landingpages. „Schluss mit Trial und Error“, sagt Morys und rät, lieber Prinizipen zu nutzen, die anderswo bekannt sind, um zu skalieren.
„People don’t buy products. They buy a better version of themselves.“ Samuel Hulick, UX Designer
Bekannt ist zum Beispiel, dass es verschiedene Typen und Versionen von Menschen gibt. Googlen Sie mal nach „limbic maps“, und Sie werden hilfreiche Typologisierungen finden, wer auf was anspricht. Beispiele für Menschentypen: Abenteurer, Performer, Disziplinierte, Traditionalisten, Harmonizer, Offene, Hedonisten. Anzeigentexte dazu könnten zum Beispiel so lauten:
Traditionalist
Offener
Performer
Mit der emotional formulierten Textzeile für bestimmte Typen, setzen wir einen Filter, der dem A/B-Testing eine neue Dimension verleiht: Mit unserer Google AdWords Kampagne führen wir nun auch einen Persönlichtkeitstest durch, können unsere Nutzer typologisieren und herausfinden, wer sie wirklich sind und worauf sie ansprechen. Am besten funktioniert das natürlich mit jeweils einer Landingpage für den Traditionalisten, Offenen und Performer. Da sprudeln die Conversions.
Ergebnisse
André Morys fasst jedenfalls beeindruckende Zahlen aus einer Masterarbeit zusammen, die sein Kollege nach oben genannten Anzeigen und Prinzipien durchführte: Um 99,6 % stieg die Conversion-Rate bei emotionaler Fokussierung auf z.B. den Limbic Type „Traditionalist“ (Anzeige + Landingpage). Quer duch die Typen der gesamten Studie sank das Budget um 27 %, während die Conversion-Rate um insgesamt 79 % stieg.
Und im Anschluss an den super interessanten Vortrag gab er uns diese Empfehlungen mit:
Hallo Tanja,
du hast da ein sehr interessantes ‚emotionale‘ Thema angesprochen, welches die Anzeigen in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen. Eben mehr Emotion in den Anzeigen, in welcher sich der Konsument identifizieren kann. Somit sollte der Fokus in den Anzeigen liegen, also viele viele neue Anzeigen schreiben. Habe ich die Zeit dazu, neben den Anzeigen auch noch das Konto zu strukturieren, also pro Anzeige dann landing page plus keyword?
Dazu habe ich nun ein Programm, welches mir erlaubt, den Fokus auf den Anzeigentext (ads) zu legen, denn nachher konvertiert mir das Programm den Text in neue Anzeigengruppen, legt die Keywords dazu und erhöht so meine Qualitätsfaktor. Frage an dich, benutzt du auch ein solches Programm oder wird die (tägliche) Anpassung manuell von dir durch geführt?
Zu meiner Person; ich befasse mich ‚freizeitlich‘ mit Google adwords und analytics und versuche so, auch die Zusammenhänge im adwords zu verstehen; warum ändert zB der Qualitätsfaktor täglich, warum braucht es immer wieder neue Anzeigen?
Meine Basis ist in der Ostschweiz und ich habe hauptberuflich einen kaufmännischen Job.
Bist du mit deiner Firma alleine unterwegs?
Sorry für die vielen Fragen, welche du natürlich nicht beantworten musst.
Freundliche Grüsse
Marc
Hallo Marc,
danke für dein Kommentar. Ein Programm wie du es beschreibst verwende ich (noch) nicht. Wie heißt es denn?
Grundsätzlich schreibe ich pro Anzeigengruppe 2 – 3 Anzeigen. Es müssen also nicht gleich soooo viele sein, dafür sollte man sie regelmäßig überarbeiten und diejenigen, die schlechtere Ergebnisse liefern, umschreiben oder rausnehmen.
Pro Anzeige eine eigene Landingpage kann besonders bei großen Konten sehr aufwändig werden. Aber zur Landingpage- und Conversion-Optimierung in ausgewählten Anzeigengruppen oder Kampagnen macht es auf jedenfall Sinn, A/B-Tests durchzuführen. Es kommt immer darauf an, wie du das Konto strukturiert hast und welche Ziele du dir gesetzt hast.
Cool, dass du dich in deiner Freizeit mit Google AdWords beschäftigst :-) Wohnst du zufällig in der Nähe von Zürich? Dort gibt es nämlich vor Ort kostenlose Trainings von Google selbst: https://adwords-training-live.appspot.com/de-ch/events Da erhältst du gute Antworten punkto Qualitätsfaktor und Texten von Anzeigen. Ich weiß das, denn in Wien habe ich die Trainings schon selbst gehalten ;-)
Der Qualitätsfaktor ändert sich nicht zwingend täglich. Er hängt von verschiedenen Faktoren ab wie Klickrate, Relevanz eines Keywords und der Nutzerfreundlichkeit der Landingpage/Website.
Ich hoffe, das hilft dir ein wenig weiter.
Liebe Grüße,
Tania